Die Gründung: 350 Jahre und ein Happy-End, nicht nur für Kiel. Eine kleine Geschichte in Text und Bild über die lange Gründungsphase, die Gründer und frühen Visionen für einen Campus in der Stadt

Die Gründungsgeschichte

Es war nach dem Elend des Dreißigjährigen Krieges an der Zeit, auch in den schleswigholsteinischen Herzogtümern eine Universität zu errichten. Der Bedarf an gut ausgebildeten Pastoren war durch die lutherische Reformation ohnehin angestiegen. Ferner wuchs in den Landesteilen in den fürstlichen Verwaltungen der Bedarf an gut ausgebildeten Juristen, an Medizinern und Lehrenden.
Die Herzogtümer mussten zuvor ihr Personal von ausländischen Universitäten beziehen, teils aus Kopenhagen, teils aus Rostock, Greifswald und Helmstadt oder von den international renommierten Universitäten wie Paris, Leiden oder Bologna.

Schon der Reformator Johannes Bugenhagen hatte in der Kirchenordnung von 1542 die Gründung einer eigenen „guten Schule“ angeregt. Aber die Landesteilung von 1544 verhinderte eine Verwirklichung seiner dataillierten Pläne. Im gottorfischen Teil wurde dann später 1567 die Schleswiger Domschule zu einer Art Universität, einem „Paedagogicum publicum“, ausgebaut. Zeitgleich wandelte Herzog Hans der Ältere in seinem Landesteil 1566 das Kloster Bordesholm zu einer ähnlichen Lehranstalt um. 1580 starb Herzog Hans, und Bordesholm fiel an die Gottorfer, die nun zwei höhere Schulen besaßen, sich aber nur eine leisten konnten. Das Paedagogicum publicum in Schleswig schlief ein, wohingegen Bordesholm weiter ausgebaut wurde.

Die in der Folgezeit, Ende des 16. Jahrhunderts entwickelten Pläne, in den Herzogtümern eine eigene vollwertige Universität zu gründen, scheiterten zunächst an kriegerischen Ereignissen und an der Rivalität zwischen der königlichen und der herzoglichen Linie der Regierenden. In dieser Epoche entwickelte sich das Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf zu einem geistigen und kulturellen Zentrum Norddeutschlands. In diesem Geiste bemühte sich Herzog Friedrich III. seit 1640 beim Kaiser um ein Privileg, das ihm die Einrichtung einer Universität genehmigen sollte, was 1652 ausgestellt wurde. Doch die Stände lehnten die Gründung aus Kostengründen ab, das Projekt wurde auf Eis gelegt.

Friedrich III. ließ die Pläne zunächst ruhen, er verpflichtete aber seinen Sohn, Christian Albrecht, eine eigene Universität ins Leben zu rufen. Nach dem Ende der großen Dänisch-Schwedisch-Schleswig-Holsteinischen Auseinandersetzung 1660 ließ Herzog Christian Albrecht die Gründung durch seinen Kanzler Johan Adolf Kielmann in die Tat umsetzen. Als Standorte wurden Schleswig oder Kiel erwogen, wobei der Rat der Stadt Kiel das bessere Angebot machen konnte. Gegen den Willen der Bürgerschaft, die den verderblichen Einfluss der Studenten auf die Bevölkerung fürchtete, stellte der Rat der Universität das ehemalige Franziskanerkloster kostenlos zur Verfügung. Am 5. Oktober 1665 wurde die neue Universität feierlich eröffnet. Die wirtschaftliche Grundlage bildeten die Einnahmen aus der Bordesholmer Schule, die mit Kiel verschmolzen wurde. Der Unterricht der 17 Professoren in den Fächern Theologie, Jura, Medizin und Philosophie (freie Künste) fand im dafür hergerichteten Kieler Kloster statt. Die Bücher stammten aus der Bordesholmer Bibliothek und aus Gottorf. Das Rektorenamt übernahm der Herzog.

Die Universität Kiel bildete, anders als heute, einen eigenen Rechtsbereich in der Stadt und auch im Land. In der Stadt besaß die Universität eine eigene Gerichtsbarkeit über die Professoren und die Studenten, diese zahlten auch keine Steuern und Abgaben. Im Land war die Universität als „Stand“ auf dem Landtag vertreten, stand damit gleichberechtigt neben den adligen Stiften, dem Adel und der städtischen Bürgerschaft.

Gerd Heinrich (unter Verwendung eines Textes von Carsten Jahnke, www.uni-kiel.de)

 

Die Gründer

Herzog Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf 1641 – 1694. Stiftete 1665 die Christian-Albrechts-Universität in Kiel:

Christian Albrecht war Fürstbischof von Lübeck zwischen 1655 und 1666 sowie Herzog der gottorfschen Anteile der Herzogtümer Schleswig und Holstein von 1659 bis 1695. Er selbst führte den Titel „Christian Albrecht, von Gottes Gnaden Erbe zu Norwegen, postulirter Coadjutor des Stiffts Lübeck, Hertzog zu Schlesswig, Hollstein, Stormarn und der Dittmarschen, Graff zu Oldenburg und Dellmenhorst.“

1659 folgte Christian–Albrecht in der Regentschaft seinem Vater nach. Nur die erste Periode seiner Herrschaft erlaubte ihm ein friedliches Wirken. Danach wurde Gottorf in Kriege verwickelt und ein Spielball der Mächte. In die friedliche Periode fiel die Gründung der Universität in Kiel. Um Geldmittel für die Universität zu beschaffen schloss Herzog Christian Albrecht die Fürstenschule in Bordesholm. Aus dem ehemaligen Klosterfundus kamen jährlich 5000 Taler. Die Stadt Kiel stellt die Räume des einstigen Franziskanerklosters kostenlos zur Verfügung. Ein kostbares Erbe aus Bordesholm waren größere Restbestände der Klosterbibliothek. Sie wurde von den Zöglingen der Schule benutzt, war aber stark vernachlässigt. Die 1665 eingerichtete Universitätsbibliothek in Kiel besitzt noch heute aus Bordesholm 134 Handschriften und 133 Frühdrucke (Inkunabeln, vor 1500).

Christian Albrechts Vater, Herzog Friedrich III., und sein Kanzler Johann Adolph Kielmann von Kielmannsegg hatten eine Politik der Ablösung des Gottorfer Herzogtums vom Königreich Dänemark und der Annäherung an Schweden verfolgt. Als 1657 Schweden im Zweiten Nordischen Krieg einen schnellen Sieg gegen Dänemark errang, war dies auch zum Nutzen Gottorfs. Schleswig-Holstein-Gottorf, das den schwedischen Truppen freien Durchzug erlaubt hatte, wurde im Frieden von Roskilde vom 24. Februar 1658 die Souveränität zugesprochen. Christian Albrecht wurde also Regent eines weitgehend souveränen Staates.

Es folgten kriegerische Zeiten als 1670 König Christian V. von Dänemark auftrat. 1674 im Schwedisch-Brandenburgischen Krieg besetzte Christian V. das gottorfische Gebiet. Christian Albrecht floh nach Hamburg. Kielmann und seine Söhne wurden nach Kopenhagen verschleppt, wo Kielmann 1677 verstarb. Die politische Wende kam durch den Frieden von Fontainbleau 1779 mit der Rückgabe des Gottorfer Herzogtums an Christian-Albrecht.

1684 versuchte Christian V. nach dem absolutistischen Vorbild Frankreichs die Réunion, d.h. die Einverleibung der Gottorfer Anteile Schleswigs in den dänischen Staat. Kaiser Leopold I zwang die feindseligen Parteien zu Verhandlungen in Altona. Sie endeten mit der Rückkehr Christian- Albrechts nach Gottorf.

Umschrift des Portraits: DER EHRWÜRDIGSTE UND ERLAUCHTE FÜRST UND HERR, CHRISTIAN ALBRECHT, BISCHOF VON LÜBECK, ERBE NORWEGENS, HERZOG VON SCHLESWIG, HOLSTEIN, STORMARN UND DITHMARSCHEN, GRAF IN OLDENBURG UND DELMENHORST.

 

Johann Adolf Kielmann von Kielmannsegg, 1612 – 1677. Kanzler in Gottorf. Im Auftrage Herzog Christian Albrechts Gestalter und Organisator der Christian-Albrechts-Universität in Kiel:

Kielmann trat 1636 in den Dienst des Gottorfer Herzogs. Er wurde Kanzler in Gottorf. Leiter der gottorfischen Regierung (fürstlicher Hofrat).

1640 war Kielmann Gesandter des Herzogs auf dem Reichstag zu Regensburg. Kielmann erhielt die Zusage für ein kaiserliches Privileg zur Errichtung einer Universität in Holstein. Er wurde 1652 vom Kaiser in den Fürstenstand erhoben. Herzog Friedrich III. erhielt das kaiserliche Privileg. Im Auftrage Herzog Christian Albrechts wurde Kielmann starker und fürsorglicher Gestalter bei der Errichtung der Kieler Universität. Kielmann ließ sich dabei von Samuel Rachel beraten, den er an den Gottorfer Hof berief.   Kielmann war ein kluger Verhandlungspartner und kooperierte mit dem Syndikus der Stadt, Johannes Hennigs.

Christian Albrechts Vater, Herzog Friedrich, und sein Kanzler Johann Adolph Kielmann von Kielmannsegg verfolgten nach dem Dreißigjährigen Krieg eine Politik der Ablösung des Gottorfer Herzogtums vom Königreich Dänemark. Ziel dieser Politik war die volle Souveränität des Herzogtums und die Aufhebung der Gemeinschaftlichen Regierung mit Dänemark. Ein Weg dazu war die Annäherung an Schweden, der führenden Macht in Nordeuropa nach dem Dreißigjährigen Krieg. Dazu trug 1654 die Eheschließung zwischen Christian Albrechts Schwester Hedwig Eleonora mit dem schwedischen König Karl X. Gustav bei. Zunächst schien sich dieses Bündnis auszuzahlen, als 1657 Schweden in den Zweiten Nordischen Krieg eintrat, einen schnellen Sieg gegen Dänemark errang und Schleswig-Holstein-Gottorf, das den schwedischen Truppen freien Durchzug erlaubt hatte, im Frieden von Roskilde vom 24. Februar 1658 die Souveränität zugesprochen wurde. Damit besaß der Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf im Herzogtum Schleswig keine Lehnsverpflichtungen mehr gegenüber dem dänischen König. Zusätzlich erhielt er das Amt Schwabstedt und die Hälfte der Besitzungen des säkularisierten Bistums Schleswig. Die im Vertrag von Ripen festgeschriebene Union mit Dänemark und die Gemeinschaftliche Regierung wurden jedoch nicht aufgehoben.

Mitte 1658 begann Karl X. Gustav einen neuen Feldzug gegen Dänemark. Diesmal gelang kein Überraschungsangriff. Der dänische König Friedrich III. wurde von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg unterstützt, der die schwedischen Truppen aus Holstein vertrieb und dabei die Länder des Gottorfer Herzogs besetzte.

Umschrift des Portraits: JOHANN ADOLF KIELMANN VON KIELMANNSECK, HERR AUF SATRUPHOLM UND OBDRUP, PROPST DES HAMBURGER DOMKAPITELS, DES ERLAUCHTEN HERZOGS VON SCHLESWIG HOLSTEIN VERWALTER ALS GEHEIMER RAT UND KAMMERPRÄSIDENT IN TRITTAU, REINBEK UND MORKIRCHEN, VORSTEHER UND NICHT ZULETZT KANZLER BEI HOFE.

 

Eine frühe Vision von einem Campus in der Stadt:

hortus medicus,1665Caeso Gramm: Chilonium(Kiel) Novus Holsatiae Parnassus, Schleswig 1665

Caeso Gramm (1640-1673), einer der ersten nach Kiel berufenen Professoren, verfasste zur Gründung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Werbeschrift, in der er die diversen Vorzüge der Region, der Stadt und vor allem der Universität in leuchtenden Farben schilderte.  Es ist eine frühe Vision eines Campus in der Stadt. Vieles ist wohl nicht ganz so umgesetzt worden, doch es wird ersichtlich, mit welchem Elan die Universitätsgründung vorangetrieben wurde. Man hatte die große Chance einer Universität für Kiel erkannt auch wenn von Seiten der Kieler Bevölkerung und später auch aus finaziellen Gründen nicht nur mit Begeisterung darauf reagiert wurde.

350 Jahr Universität und heute fast 25 000 Studenten zeugen letztendlich von einer sehr erfolgreichen Geschichte.